Das Hinterland

Wenn man von der Stadt Gottschee bei Lienfeld die Richtung zur Adria nimmt, muss man vorerst den Stalzer Berg überwinden. Auf der Anhöhe dieses Berges angekommen, lohnt sich bei stiller Betrachtung ein Rundblick, denn vor dem Wanderer tut sich ein weites Tal auf, das von den bewaldeten Bergrücken des Friedrichsteins, des Rieger-Göttenitzer Berglandes und der Morobitzer Berge mit der Krempe umarmt wird. Von den Felsen der Krempe hat man einen wunderbaren Blick in das steil abfallende Kulpatal und darüber hinaus noch weit nach Kroatien, bildet doch die Kulpa die Grenze zu Gottschee.

Wie eine Lebensader schlängelte sich die Landstraße durch das Hinterland. Schon hinter der Ortschaft Stalzern befindet sich eine Straßengabelung. Die linke Trasse führt nach Mrauen und von dort ins Kulpatal, die rechte über Rieg, Göttenitz und Masern wieder weiter nach Norden. Ein Abstecher nach links in Rieg bringt den Betrachter nach Morobitz und auf die Krempe. Dieses herrliche Land wurde auch die Gottscheer Schweiz genannt.

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Blick von der Krempe ins Kulpatal – Foto: Herbert Otterstädt

Das Hinterland hatte eine größere Anzahl von gepflegten Dörfern und Weilern, die von den Gemeinden

  • Hinterberg
  • Rieg
  • Morobitz
  • Tiefenbach
  • Göttenitz und
  • Masern

verwaltet wurden.

Im Zuge der Verwaltungsreform im Jahre 1933 wurden diese Gemeinden im Gemeindeverband der neuen Großgemeinde Rieg zusammengefaßt.
Die Gemeinde Masern wurde der Großgemeinde Niederdorf einverleibt.

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Rieg, der Hauptort im Hinterland am 9. Mai 1929

Durch die größere Entfernung zur Stadt kam Rieg, das schon einem kleinen Städtchen glich, mehr Bedeutung als kulturelles und wirtschaftliches Zentrum der gesamten Talschaft zu.
Im Dorf gab es seit dem 14. Jahrhundert eine Kirche. Seit 1407 war Rieg Pfarre. Bei einem großen Feuer im Jahre 1693 wurde die Kirche stark beschädigt. Bei der Instandsetzung erhielt sie einen neuen Hauptaltar. 1901 brannte der Dachstuhl ab. Das erneuerte Gotteshaus mit der reichsten Barockausstattung in Gottschee bekam einen neugotischen Turmhelm.

40 Jahre, von 1950 bis 1990 war das Hinterland militärisches Sperrgebiet. In diese Zeit fiel auch die mutwillige Zerstörung der Gottscheer Sakralbauten. Gottscheer Kulturgut wurde dem „Erdboden gleichgemacht. Nicht nur die dem Hl. Johannes dem Täufer geweihte Pfarrkirche in Rieg, sondern alle Pfarrkirchen, Filialkirchen und Kapellen im Hinterland fielen zwischen 1950 und 1955 der Spitzhacke zum Opfer.

Am ehemaligen Standort der Pfarrkirche in Rieg wurde im Jahre 1999 die neu erbaute Kirche, die das geistliche Erbe der Kirche Johannes des Täufers antreten soll, unter Beteiligung von Gottscheer Landsleuten aus Europa und Übersee feierlich eingeweiht. Dieser Sakralbau ist nun das einzige Gotteshaus im landschaftlich so schönen Hinterland, aber er kann trotz seiner Schönheit das verlorene Kulturgut der Gottscheer nicht ersetzen.